Überarbeitung plus - Blickwechsel: Fünf Methoden, um dein Manuskript mit einem frischen Blick auf den Prüfstand zu stellen

Überarbeitung plus: 5 Methoden, mit denen du dein Manuskript auf den Prüfstand stellst

Der Schreibprozess ist geschafft, die vier magischen Buchstaben – ENDE – stehen und die Überarbeitung ist auch abgeschlossen. Also ist dein Manuskript fertig fürs Lektorat? Vielleicht. Möglicherweise kannst du aber noch mehr aus deinem Text herausholen. Ich präsentiere dir fünf Methoden, mit denen du dein Manuskript auf den finalen Prüfstand stellen kannst.

Zu jeder Methode findest du meine persönlichen Erfahrungswerte und Tipps. Auch erfahrene Autor:innen entdecken sicher noch die ein oder andere Inspiration. Die Methoden können einzeln, nacheinander, kombiniert oder in abgewandelter Form verwendet werden. Keinesfalls müssen alle Methoden angewendet werden, um dein Manuskript auf ein neues Level zu bringen. Oft genügt schon eine andere Herangehensweise, um einen frischen Blick auf deinen Text zu erlangen. Probiere einfach mal aus, welche Methode für dich funktioniert. Eines steht fest: Durch die intensive Auseinandersetzung mit dem eigenen Text, verbesserst du nicht nur Wort für Wort und Zeile für Zeile, sondern auch deine Schreibkompetenz im Gesamten. Es lohnt sich also.

1: Lasse dein Manuskript ruhen

Klingt ziemlich lahm, oder? Diesen Tipp haben wir doch schon x-Mal in irgendwelchen Schreibratgebern gelesen oder von anderen Autor:innen oder Lektor:innen mit auf den Weg bekommen. Aber Hand aufs Herz: Hältst du dich daran? Ich erlebe nämlich oft das Gegenteil. Nach dem Schreiben wird das Manuskript gleich (im besten Fall mehrmals) überarbeitet und danach schnellstmöglich ins Lektorat geschickt. Man möchte den ganzen Prozess ja nicht unnötig verlängern und am liebsten heute statt morgen das fertige Buch in der Hand halten. Doch ich verspreche dir: Warten lohnt sich!

Lässt du dein Manuskript einige Wochen, besser Monate liegen und öffnest es nach dieser Zeit wieder, erlangst du einen anderen – vielleicht gefühlt sogar komplett neuen – Blick auf deinen Text. Du wirst dich fragen: Das habe ich geschrieben? Du hast bestimmt schon einmal von der sogenannten Betriebsblindheit gehört, also dem Effekt, dass wir Fehler an unseren eigenen Texten ab einem gewissen Punkt nicht mehr wahrnehmen, weil wir ja genau wissen, was eigentlich gemeint ist.

Diese unerwünschte Nebenwirkung können wir ein Stück weit überwinden, wenn wir vor der Überarbeitung (oder zwischen den einzelnen Durchgängen zur Überarbeitung) genug Abstand zum Manuskript gewinnen und ihm uns mit frischen Wind in den Segeln widmen. Auf diese Weise wird es auch dir leichterfallen, Fehler aufzustöbern oder mögliche Lücken zu entdecken. Also gönn dir und deinem Manuskript diese Zeit. 😉


2: Nutze deinen E-Reader zum Korrekturlesen

Wenn ich die Überarbeitung an einem Manuskript abgeschlossen habe, ziehe ich es mir im Anschluss (und nach einer ausreichenden Pause, s. Tipp 1) auf meinen Kindle Paperwhite. Mit dem Schreibprogramm Papyrus Autor lässt sich das Manuskript mit einem Klick in eine EPUB-Datei konvertieren, eine andere Möglichkeit bietet z. B. das Programm Calibre. (Achtung: externer Link.)

Diese Methode hat gleich zwei Vorteile: Zum einen ist das Lesen am Reader viel bequemer als am Laptop. Zum anderen schafft die veränderte Ansicht am kleineren Display und mit neuem Schriftbild einen ähnlichen Effekt wie die zeitliche Distanz: Der Text wirkt anders und somit »wie neu«. Fehler oder Wortwiederholungen fallen dadurch deutlicher auf.

Ich nutze beim Kindle die Kommentarfunktion, um Korrekturen und Gedanken zu vermerken. Natürlich muss ich diese anschließend in die Textdatei am Laptop übertragen, daher nutze ich diese Methode wirklich nur für finale Prüfungen und zum Korrekturlesen, da sie für größere und viele Überarbeitungen unpraktisch ist. Diese Methode ist für mich der ideale Ersatz zum Ausdrucken des Manuskriptes, da mir dabei der Papierverbrauch zu hoch ist.

Hast du keinen Reader zur Hand? Dann ändere alternativ doch einmal die Schriftart deines Textes in deinem Schreibprogramm. Zwar ist das Lesen dadurch nicht bequemer, aber die optische Veränderung hat einen vergleichbaren Effekt: Obwohl der Text gleich bleibt, fallen uns dadurch schneller Tippfehler (auch solche fiesen wie „mir“ statt „mit“ oder andersherum u. ä.), Wortwiederholungen, falsche Satzzeichen und sonstige Versehen auf. Probier es doch mal aus.


3: Spüre deine Lieblingsfehler per Suchfunktion auf

Dieser Tipp ist eher für Autor:innen gedacht, die schon Schreiberfahrung haben oder bereits mit Lektor:innen zusammengearbeitet haben, denn er erfordert Wissen über die eigene Schreibe. Die meisten Autor:innen haben ganz spezielle Marotten, beispielsweise Lieblingswörter und -formulierungen, die beim Schreiben unverhältnismäßig oft und unbewusst verwendet werden, oder die stets selben Vertipper. Sind wir uns erst darüber im Klaren, dass sich bestimmte Wörter oder Tippfehler mit Vorliebe in unsere Texte einschleichen, können wir ihnen leicht das Handwerk legen. Dazu müssen wir nicht einmal das gesamte Manuskript durchgehen, sondern können uns die Suchfunktion zunutze machen.

Schreibprogramme wie Papyrus Autor verfügen zudem über die Funktion, sich die Anzahl bestimmter Wörter anzeigen zu lassen. Wenn du die Anzahl eines Wortes mit der Gesamtanzahl oder der Seitenzahl in Relation setzt, bekommst du ein ungefähres Gefühl dafür, wie gehäuft es auftaucht. Vor allem beliebte Füllwörter oder Vampir- und Modalverben lassen sich so leichter aus dem Text tilgen. Durch das regelmäßige Aufspüren und Ausmerzen allzu geschätzter Wörter verlieren diese mit der Zeit zudem an Charme, sodass sie künftig nicht mehr überpräsent sein dürften. Nutze die Überarbeitung also auch dazu, dich mit deinen speziellen Vorlieben vertraut zu machen.


4: Lies Dialoge laut vor oder spiele Szenen durch

Manche Autor:innen schwören sogar darauf, das gesamte Manuskript laut zu lesen oder es von Programmen (z. B. Word) vorlesen zu lassen. Dazu fehlt mir der Atem bzw. empfinde ich elektronische Stimmen als anstrengend, deswegen verzichte ich auf beides. Bei Dialogen hingegen ist das laute Lesen Gold wert. Manchmal misslingt beim Schreiben der Wechsel von der erlebten Rede bzw. der Erzählung in die wörtliche Rede, vergreifen wir uns im Ton (des Charakters), geraten Dialoge gestelzt oder verlieren durch zwischengeschobene Erzählungen den roten Faden.

Dialoge sollten lebendig und authentisch sein. Um dies zu gewährleisten bzw. zu prüfen, spiele ich Dialoge oft komplett durch, mitsamt »Regieanweisungen«, also den Redebegleitsätzen. So merke ich schnell, ob die Wortwahl, die Sprechweise und (non-verbale) Ausdrucksweise wirklich zur Situation und dem Charakter passen.

Mit einem Partner-in-Crime könntest du die Dialoge oder Szenen auch gemeinsam durchspielen, um dir darüber hinaus ein Bild von Positionen, Bewegungen usw. zu machen. Das hilft nicht nur deinem Text, sondern bringst auch noch Spaß in die Überarbeitung. 😉


5: Last, but not least: Hole dir Rückmeldung von Testleser:innen

Hierbei gehen wir bereits über die Eigenleistung hinaus und holen uns Hilfe von außen an Bord. Für viele Autor:innen kostet es gerade beim Debüt Überwindung, das Manuskript voller Herzblut in fremde Hände zu legen. Doch ich sage dir: Testleser:innen, wenn sie zuverlässig, interessiert und lesefreudig sind, bieten einen riesigen Mehrwert für dein Manuskript.

Zugegeben, es kann mitunter schwierig sein, die richtigen Personen zu finden, denn du möchtest ja nicht irgendjemandem dein Herzensprojekt in die Hand drücken. Investiere also ruhig etwas Zeit in die Suche und Auswahl. Im Idealfall handelt es sich um Leser:innen, die sich mit dem jeweiligen Genre auskennen. Aber auch Lesende mit wenig Erfahrung können viele wertvolle Hinweise dazu liefern, ob dein Text und die Handlung verständlich sind, wie ihr erster Leseeindruck ausfällt, wie sie die Charaktere wahrgenommen und sich beim Lesen gefühlt haben. Ich empfehle, mindestens zwei Personen zurate zu ziehen, um im Zweifelsfall vergleichen zu können. Es kann hilfreich sein, dir im Vorfeld Fragen zu überlegen, die du deinen Testleserinnen an die Hand gibst, damit diese wissen, worauf sie achten sollen.

Es ist eine inspirierende und bereichernde Erfahrung, sich mit anderen über den eigenen Text auszutauschen und neue Denkanstöße zu bekommen. Und wer weiß, vielleicht gewinnst du dadurch auch gleich deine ersten Stammleser:innen. 😉


ENDE

Das waren meine fünf Methoden, mit denen du dich deinem Manuskript aus einem neuen Blickwinkel widmen und noch einmal alles herausholen kannst. Ein letzter Hinweis, der mir an dieser Stelle sinnvoll erscheint: Verliere dich nicht in der Überarbeitung. Du musst weder alle fünf Methoden anwenden noch deinen Text bis zu Perfektion treiben. Das wird auch gar nicht möglich sein. Nutze professionelle Hilfe für die letzten Feinheiten, denn dafür sind Lektor:innen und Korrektor:innen da.

Falls du dich nun fragst: Wozu soll ich meinen Text überhaupt so penibel prüfen, wenn ich ihn doch ins Lektorat gebe? Oder: Spare ich mir mit einer umfangreichen Überarbeitung dann das Lektorat? So kann ich nur sagen: Wie ich bereits am Anfang schrieb, verbessert sich durch eine intensive Auseinandersetzung mit den eigenen Texten langfristig unser Schreibstil bzw. unser Schreibhandwerk. Erst wenn du dir im Klaren über deinen Stil, deine Ausdrucksweise, deine Stärken und Schwächen bist, kannst du gezielt daran arbeiten, dich weiterzuentwickeln. Und dies sollte meines Erachtens stets ein Ziel des Schreibens sein. Letztlich werden wir jedoch nicht um den Blick von außen herumkommen. Nicht nur für die eigene schriftstellerische Weiterentwicklung, sondern auch für die Qualität des Textes stellt die Zusammenarbeit mit professionellen Lektor:innen einen enormen Boost dar.

Gern unterstütze ich dich als Lektorin oder Korrektorin bei den letzten Schritten hin zu deinem fertigen Schreibprojekt.

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